Grundeinkommen

Herrn Prof. Marcel Fratzscher

DIW Berlin

Lieber Marcel!

Habe Deinen Artikel über das Grundeinkommen aufmerksam gelesen. Leider fehlt ein wichtiger Hinweis, der früher immer klein gedruckt irgendwo rumstand. Nämlich: Die Berechnungen stimmen nur unter der Bedingung, dass sich sonstige Umstände nicht ändern, sondern konstant bleiben (ceteris paribus).

Du hast daher so getan, als stünde das Beamtenrecht und einige hundert andere Gesetze dem Grundeinkommen faktisch nicht entgegen. Aber wo sollen die Hunderttausende von Beamten eigentlich hin, die dann überflüssig wären? Sozialämter, Agentur für Arbeit, Wohnungsämter, Befreiungen von diesem und jenem. Die haben alle ein einbetoniertes Recht auf ihr Beamtendasein mit allen Vorzügen. Die kann man nicht einfach loswerden, die lösen sich auch nicht freiwillig in Luft auf. Kosten zur Zeit allein für die Beamtenpensionen 133 Milliarden. Die Krankenkosten sind vorsichtshalber nirgends erfasst. Nochmal der gleiche Betrag schätze ich, also wer soll das bezahlen? Die nächsten 50 Jahre bleibt uns dat auf jeden Fall erhalten, Grundeinkommen hin oder her.

Ein Beispiel, lieber Marcel: Alle Jahre wieder springt ein jungdynamischer Politiker auf und verlangt ein einfacheres Steuerrecht. Genau das gleiche Problem, wohin mit 50.000 gut bezahlten und spezialisierten Finanzbeamten, die dann über wären?

Genau genommen bist Du in die Wissenschaftsfalle gegangen, Marcel. Deine Theorie stimmt, aber kein Politiker will et hören. Du hättest vorher untersuchen müssen, ob in Deutschland wegen der zwei Millionen Gesetze eine Politik überhaupt noch möglich ist. Alle haben sich bis zur Bewegungsunfähigkeit eingebunkert, der Beamtenstaat ist einbetoniert und kann nicht mehr verändert werden. Den Rest besorgt der Föderalismus.

Einen Ansatz hätte die Relativitätstheorie gegeben, Marcel, Masse ist da, Lichtgeschwindigkeit auch, aber wo um Himmels willen ist noch Energie?

Schade um uns Menschen hier, aber was soll man machen. 50 Jahre Beton waren nicht umsonst. Agonie. Gescheitert, Marcel, Du und

Dein Volk